Schiffsfahrt ins Wattenmeer – Zwischen Störtebeker und Käpt’n Blaubär
„Nu schaut Euch mal die Pötte an. Das’s ja wohl gigantisch, nech?“ Bommel, so sollen wir den weißhaarigen Herrn nennen, der auf den noch weit entfernten amerikanischen Kreuzfahrtriesen zeigt, ergänzt: „Das da hinten ist die „Pride of America.“
Ein abenteuerlicher Tagesausflug mit der Gebrüder AZ:5
Ein Tag voller Wattenmeer- und Seeromantik hat seinen nächsten Höhepunkt erreicht. „Dass die Kreuzfahrtschiffe hier im Spalier fahren, haben wir extra für Euch arrangiert.“ Hermi, wie Bommel Aktivposten in der Carolinensieler Schiffergilde, sagt das voller Ernst. In persönlichen Gesprächen mit den gut 20 Gästen an Bord im Alter von fünf bis über 80 Jahre haben er, Bommel und die Mit-Schiffer so manchen Spruch und so manche Weisheit à la Käpt’n Blaubär auf Lager. Lehrreich und unterhaltsam ist der Tagesausflug auf der Gebrüder aber allemal.
Wir haben den Museumskutter, der vor über 20 Jahren vom Deutschen Sielhafenmuseum Carolinensiel übernommen wurde, bei unseren Spaziergängen entlang der Harle schon oft an seiner Anlegestelle vor dem Nationalparkhaus am Pumphusen bewundert, aber nie den richtigen Dreh gefunden, mal an einer solchen Fahrt teilzunehmen. Marianne, eine gute Freundin, Einheimische und Fischersfrau, hat uns auf den Trichter gebracht und auf die Gebrüder eingeladen. Wir schipperten los. Die Männer der Schiffergilde erklärten kurz und bündig den hölzernen Segelkutter mit dem für uns ungewöhnlichen Namen.
„1929 ließ der Fischer Georg Peters aus Neuharlingersiel auf der Oldersumer Schlömerwerft diesen hölzernen Segelkutter bauen. Er nannte das Schiff nach seinen fünf Söhnen Gebrüder“, berichtet Bommel. Es erhielt als Hochseefischereifahrzeug die Kennnummer AZ:5. Alle Schiffe im Regierungsbezirk Aurich trugen ein A. Das Z war die Kennung für Neuharlingersiel. Und heute ist die Gebrüder das letzte noch erhaltene, als Segelschiff gebaute Fischereifahrzeug an der ostfriesischen Küste.
Da die Fischerei unter Segeln 1929 bereits dem Ende zuging, rüstete man das Schiff zusätzlich mit einem 20 PS-Glühkopfmotor aus. Die Segel ermöglichten bei entsprechendem Wind eine kostengünstige Fahrt. Bei zu geringem Wind setzte man den Schiffsmotor ein. Wir haben bei unserer Tour beides „genossen“. Per „Glühmotor“ ging’s über die Friedrichsschleuse – die Brücke musste natürlich wegen der hohen Masten geöffnet werden, haben wir auch live selten gesehen – und den Yachthafen in den Seehafen und dann aufs Wattenmeer. Der Wind war mäßig, die Sonne schien. „Jetzt fahren wir mal an Wangerooge vorbei ins offene Meer. Vielleicht sehen wir auch ein paar Kreuzfahrtriesen“, ertönt es von Hermi. Der Motor ging aus, die Segel wurden gehisst.
Durch eine Luke stiegen wir nach unten ins Innere der Gebrüder. Es gab Tee von der Schiffergilde. Marianne hatte frisches Brot und Matjes mitgebracht. Es war „mucksmäuschenstill“. Wir kamen uns vor wie Störtebeker beim Relaxen nach einer erfolgreichen Piratenfahrt.
Die Besatzung warf ein Netz aus. Als es hochgezogen wurde, gab es einiges zu sehen und anzufassen. Krabbelndes Kleintier und „Riesenfische“ (Käpt’n Blaubär lässt grüßen!) wurden erklärt und dann ins Meer zurückgeworfen. Gerade die Kinder mit uns hatten leuchtende Augen und nasse Hände. Es war eine tolle Tour!
Die Fahrten werden übrigens stets von Mai bis September durchgeführt und können im Nationalparkhaus gebucht werden. Ehrlich, es lohnt sich!
Kontakt:
Nationalparkhaus Carolinensiel, Pumphusen 3, 26409 Carolinensiel
Tel.: +49 4464 8403 . Web: nationalparkhaus-wattenmeer.de/nationalpark-haus-carolinensiel